Auto-Zeitung Interview mit Reinhard Zirpel „Die Vielfalt spricht an“

Herr Zirpel, in kaum einem anderen Land sind die Importeure so stark wie in Deutschland. Worin sehen Sie die Gründe?

Das Angebot der internationalen Kraftfahrzeughersteller an innovativen, umweltfreundlichen Fahrzeugen mit unterschiedlichen Konzepten in allen Segmenten und Preisklassen spricht auch aufgrund seiner Vielfalt den anspruchsvollen deutschen Kunden zunehmend an. Die VDIK-Mitglieder haben in den letzten Jahren ihren Marktanteil in Deutschland permanent gesteigert und erreichen gegenwärtig ca. 39 Prozent. Vom deutschen Markt gehen sehr viele Impulse aus, die eine starke Präsenz auf diesem Markt attraktiv erscheinen lassen.

Nach 1989 waren die Importeure besonders stark in den neuen Bundesländern. Ist das immer noch so?

In den ersten Jahren nach der Wende lag der Marktanteil der internationalen Hersteller in den neuen Bundesländern deutlich über 50 Prozent. Zwischenzeitlich haben die Verkäufe in den alten Bundesländern zugenommen. Dennoch besteht nach wie vor eine stärkere Präsenz in Ostdeutschland – jedes zweite dort verkaufte Fahrzeug stammt aus der Produktion der internationalen Kraftfahrzeughersteller.

Wie steht der VDIK zum Thema Diesel?

Die Automobilhersteller setzen wegen unternehmerischer Entscheidungen eigene Schwerpunkte bei der Entwicklung des Antriebs der Zukunft. Vor dem Hintergrund der international unterschiedlichen Marktgegebenheiten und der verschiedenen Ansätze bei der Gestaltung der Infrastruktur scheint es weiter geboten, beim Antrieb der Zukunft am Grundsatz der „Technologieoffenheit“ festzuhalten. Abhängig vom Einsatzbereich zählt auch der Dieselmotor zu diesen Technologien, selbst wenn seine Bedeutung abnimmt. Die internationalen Hersteller verkaufen in Deutschland nur noch ca. 25 Prozent ihrer Pkw mit Dieselmotor. Unabhängig davon haben wir uns von Anfang an am Programm der Bundesregierung zur Verbesserung der Luftqualität beteiligt und tragen mit Umstiegsprämien nahezu aller internationaler Marken und einem attraktiven Modellangebot an alternativen Antrieben sowie modernsten Verbrennungsmotoren deutlich zu Erneuerung der Fahrzeugflotte bei.

Werden die Importeure von der Elektromobilität profitieren?

Von den Top Ten der meistverkauften Elektrofahrzeuge in Deutschland kommen fünf von den internationalen Herstellern, ebenso wie das meistverkaufte. Das erlaubt die Aussage, dass wir die Marktentwicklung rechtzeitig und richtig eingeschätzt haben. Die äußerst dynamische Entwicklung in diesem Bereich muss aber seitens der Bundesregierung durch eine langfristige Verstetigung der Förderung unterstützt werden. Hierzu zählen die deutliche Verlängerung des Umweltbonus, der Kfz-Steuerbefreiung, der Vorteile bei der Versteuerung als Dienstwagen und zudem die Förderung der Schaffung einer Ladeinfrastruktur auch im privaten Bereich – besonders durch den Abbau von Hemmnissen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Bei all den unterschiedlichen Interessen der einzelnen Importeure, wie ist die Stimmung beim VDIK?

Der VDIK hat 25 Mitgliedsfirmen mit 33 Marken und vertritt damit fast alle auf dem deutschen Markt vertretenen internationalen Hersteller. Dass es dabei unterschiedliche Interessen gibt, ist natürlich. Aufgabe des Verbandes ist es, die gemeinsamen Interessen zu bündeln und gegenüber Regierung, Ministerien und der Öffentlichkeit zu vertreten. Es ist uns bisher immer gelungen, in zentralen Fragen eine einheitliche Meinungsbildung herbeizuführen. Das ist entscheidend und für die Durchsetzungskraft des Verbandes unabdingbar.

Bei den deutschen Herstellern werden auch in den deutschen Produktionsstandorten tausende von Arbeitsplätzen abgebaut. Wie viele Arbeitsplätze sichern denn derzeit die Importeure in Deutschland?

Die internationalen Hersteller beschäftigen in Deutschland in ihren Unternehmen und den dazugehörigen Händlerbetrieben über Mitarbeiter. Hinzuzurechnen sind auch noch die Mitarbeiter in den vielen deutschen Zulieferbetrieben, die eine Vielzahl von Komponenten für die internationalen Hersteller produzieren.

Bislang vertritt der VDIK noch keine chinesische Marke. Wäre dies künftig denkbar – falls eine chinesische Marke den Markteintritt in Deutschland wagt?

Die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller sind in der Satzung geregelt. Wenn ein Unternehmen diese Voraussetzung erfüllt, ist eine Mitgliedschaft im Verband selbstverständlich vorstellbar.

Führen sie schon Gespräche mit chinesischen Herstellern?

Es gibt Kontakte mit verschiedenen neuen Marktteilnehmern.

Das Gespräch führte Volker Koerdt

VITA

Reinhard Zirpel, 65, ist seit Sommer 2016 Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Zuvor war der Rechtsanwalt als Vorstand bei Renault Deutschland für die Kommunikation zuständig und zudem langjähriger Vize-Präsident des VDIK.